Donnerstag, 15. Juni 2023: Endlich in den Rocky Mountains!
Info:
Die Provinz Alberta ist als Wild Rose Country bekannt. Zartrosa Rosen wachsen überall und hüllen die Landschaft in ihren Duft.
Banff ist eine Kleinstadt in der Provinz Alberta und liegt im Osten der Rocky Mountains zirka 140 km westlich von Calgary auf 1400 m Seehöhe.
Der Banff National Park ist der älteste Nationalpark Kanadas und hatte bei seiner Gründung im Jahr 1885 nur 26 km2. Heute umfasst er 6.641 km2 und zieht jährlich über vier Millionen Besucher:innen an.
Meine Meinung:
Als ich vor 35 Jahren hier war, war Banff ein Dorf, und der Nationalpark zwar von vielen Menschen besucht – aber kein Vergleich zu heute. Ohne Online-Reservierung geht gar nichts mehr, und am Wochenende kann es passieren, dass alle Campingplätze schon lange vorher ausgebucht sind.
Ansonsten hat Banff den Ruf, dass man in eine Richtung schaut und aus dem Staunen nicht herauskommt. Und dann dreht man sich um, schaut in die andere Richtung und kommt aus dem Staunen nicht heraus. Wenn man zehn Meter weitergeht und sich umschaut, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Und wenn man sich umdreht …
Genau so ist Banff.
Tagebuch:
Ich kam bei Sonnenschein in Banff an. Und kam aus dem Staunen nicht heraus.
Der Tunnel Mountain Village Campground liegt mitten im Wald. Zwischen den Zelten und Wohnmobilen grasen Elche. Vor den Elchkühen wurde man beim Einchecken eindringlich gewarnt, die sind im Moment besonders aggressiv, weil sie Junge haben. Auch Bären wurden in letzter Zeit gesichtet, weshalb die Anweisungen der Ranger sehr klar und deutlich waren – und wer sich nicht daran hält, hat den Campingplatz zu verlassen. Immer wieder huschten Füchse vorbei, und ein Eichhörnchen beschimpfte mich jedes Mal lautstark, wenn ich es wagte, in der Früh Annie Ways Schiebetür zu öffnen.
In der Stadt Banff kaufte ich mir endlich einen Bearspray. Der liegt jetzt griffbereit und originalverpackt in Annie Ways Schuhkiste auf dem Boden vor dem Beifahrer:innensitz.
Übrigens gibt es ein tolles öffentliches Bussystem, das alle Campingplätze anfährt. Steigt man bei einem Campingplatz ein und fährt nach Banff, zahlt man nichts. Erst die weiterführenden Busse und die Rückfahrt sind zu bezahlen – ganze zwei kanadische Dollar (1,40 €).
Es gibt in Banff so viele Dinge zu sehen und so viel zu erleben, dass man sowieso nicht alles machen kann. Nach einer Nacht mit sehr viel Regen waren die Berge am nächsten Morgen mit Schnee bedeckt und sahen noch schöner aus. Eine Tageskarte, mit der man mit dem Bus auch zum Lake Louise und zum Moraine Lake fahren kann, kostet umgerechnet 17 €. Es wird alles getan, um den Autoverkehr in Grenzen zu halten – mit Erfolg.
Der Moraine Lake ist noch spektakulärer als Lake Louise und hat den Vorteil, dass man nur mit dem Bus hinfahren kann, wodurch weniger Leute dort sind.
Das Internet bietet in den Bergen nicht wirklich Grund zur Freude und war auf dem Campingplatz nur in homöopathischen Dosen vorhanden. Also fuhr ich zum Visitor Center in die Stadt, um mich zu erkundigen, wo ich etwas hochladen könnte. Eine Minute später saß ich an einem Schreibtisch im Visitor Center, und die Damen und Herren entschuldigten sich, dass das Internet bei ihnen so langsam ist. Ich brauchte tatsächlich 45 Minuten, um den Podcast auf cba zu veröffentlichen, aber immerhin, es klappte.
Donna und Paul kamen aus Colorado angereist und werden zwei Wochen mit mir verbringen. Sie wurden aus unerklärlichen Gründen an der Grenze aufgehalten. Ich habe versprochen, niemandem zu erzählen warum. Dieses Versprechen werde ich halten.
Übrigens gibt es eine Website, auf der Kanadier:innen über ihre Erfahrungen mit US-Amerikaner:innen berichten. Besonders lustig finden sie es, dass viele immer noch glauben, sie könnten ohne Reisepass in Kanada einreisen …
Paul und Donna kenne ich seit 35 Jahren. Auch mit ihnen war es so, als hätten wir uns erst kürzlich gesehen – nur mit dem Unterschied, dass wir uns mehr zu erzählen hatten. Die beiden haben mich mehrmals für einige Wochen in Leonding besucht und bei mir gewohnt. Ich war drei Tage bei ihnen in Colorado, als ich 2001 mit meinem damals elfjährigen Sohn vier Wochen durch die Rockies unterwegs war. Über E-Mails und Telefonate haben wir Kontakt gehalten. Es ist eine unglaubliche Freude, wieder Zeit mit den beiden zu verbringen.
Auf dem Tunnel Mountain Village Campground stand nicht weit von Annie Way ein Campervan mit deutschen Nummernschildern. Ein Ehepaar mit zwei kleinen Kindern ist neun Monate durch Nordamerika unterwegs. Da sie auch in Richtung Alaska fahren, haben wir Telefonnummern ausgetauscht und sind – sofern es Wifi gibt – über WhatsApp in Verbindung.
Die Rocky Mountains sind – wie die Alpen und das Himalaya-Gebirge – sehr junge Gebirge, weshalb sie noch so hoch sind. Sie wachsen nach wie vor, aber die Verwitterung ist stärker als die Hebung. Was die Rocky Mountains so besonders macht, sind die spektakulären Formen der Berge und die gleichzeitige Weite, wodurch sie völlig anders wirken als die Alpen. Außerdem sind sie bis hoch hinauf bewaldet. Viele Berge haben an der Basis Quarzsandstein, dann kommt Schiefer und ganz oben Kalkstein. Auf dem Sandstein können die Wälder wachsen.
Und ich kam aus dem Staunen nicht heraus …