Freitag, 28. Juli 2022: Gletscher, Seelöwen und Wale!
Info:
Die Resurrection Bay ist ein Fjord, also eine schmale Bucht, von Gletschern tief ins Land hineingeschnitten. Das Ökosystem von Fjorden gehört zu den reichhaltigsten der Erde. Es gibt sie nur in sechs Gebieten auf unserem Planeten. Voraussetzung ist, dass ein Gletscher während der Eiszeit ein tiefes, U-förmiges Tal in eine Küste schneidet. Wenn der Gletscher schmilzt und der Meeresspiegel steigt, füllt sich das Tal mit Meerwasser. Die Resurrection Bay ist ca. 300 m tief und das ganze Jahr über eisfrei. Hier leben Seeotter, Seehunde (Harbor Seals) und Steller-Seelöwen (benannt nach dem deutschen Biologen Georg Steller).
1792 wurde der russische Entdecker Alexander Baranof von einem heftigen Sturm im eiskalten Nordpazifik in diese Bucht getrieben und überlebte dadurch. Der Sturm legte sich am Ostersonntag, und in Gedenken an dieses Datum nannte Baranof die Bucht Resurrection Bay, Auferstehungsbucht.
Seward ist ein Hafenstädtchen am Ende der Bay und hat ca. 2.700 Einwohner:innen. Hier befindet sich das Alaska SeaLife Center, in dem man viel über die Resurrection Bay erfährt.
Durch seine Lage hat Seward ein vergleichsweise mildes Klima und eine höhere Niederschlagsmenge als der Rest von Alaska. Mit dem eisfreien Hafen und der Fischerei war Seward schon im vorigen Jahrhundert ein florierendes Städtchen. All das änderte sich am 27. März 1964, als nach dem Good Friday Erdbeben die gesamte Wasserfront und der Hafen von Seward in die Bay versanken. Dadurch entstand eine zehn Meter hohe Wasserwand, auf der Öl brannte. 40 Waggons, mit Öl gefüllt, explodierten in einer Kettenreaktion. Die Menschen rannten um ihr Leben und suchten höher gelegene Gebiete auf. 25 Minuten nach dem Erdbeben erreichte ein 13 m hoher Tsunami mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h die Stadt. Die letzten Tsunamis hörten erst nach zehn Stunden auf. Dreizehn Menschen starben, und Seward war komplett zerstört.
Meine Meinung:
Was die Menschen seither aus ihrer Stadt gemacht haben, gefällt mir. Und zwar so gut, dass ich vier Nächte geblieben bin.
Tagebuch:
Von Portage ist es nicht weit nach Seward. Die Kenai-Halbinsel bietet landschaftlich sehr viel Abwechslung und vor allem: Blumen, Blumen und wieder Blumen!
Da es eine Woche zuvor wieder ein gröberes Erdbeben im Nordpazifik gegeben hatte und an den Küsten der Kenai-Halbinsel die Tsunami-Sirenen mitten in der Nacht losgegangen waren, suchte ich mir einen Campingplatz etwas außerhalb, und zwar am Resurrection River. Wunderschön!
Seward gefiel mir vom ersten Moment an. Ich marschierte gleich einmal die erste Meile des Iditarod-Trails den Strand entlang. Hier gibt es mehrere Campingplätze direkt an der Resurrection Bay, aber wie gesagt, ich war zu feig dazu.
Für den nächsten Tag buchte ich die Kenai-Fjord-Tour, bei der man zu einigen der vielen Inseln der Bucht fährt, dann zum Aialik-Gletscher und schließlich hinaus aufs offene Meer, in der Hoffnung, dem einen oder anderen Wal zu begegnen.
Ich denke, ich brauche keinen Kommentar abzugeben. Es reicht, einige Bilder zu sehen, um zu verstehen, dass das einer der Höhepunkte der gesamten Reise war.
Am nächsten Tag wanderte ich zum Exit-Gletscher, der sich allerdings so schnell zurückzieht, dass man jetzt ohne Kletterausrüstung nicht mehr hinkommt. Vor 200 Jahren endete der Gletscher noch dort, von wo aus ich das erste Foto gemacht habe. Auf dem Weg zum Gletscher sind die Jahreszahlen zu sehen. Wo er in meinem Geburtsjahr war, befindet sich jetzt ein Wald.
Die Wetter-App prophezeite Regen für meinen letzten Tag in Seward – ideal für einen Stadtbummel und einen Besuch im Alaska SeaLife Center, wo ich dann viel länger blieb, als ich vorgehabt hatte. Obwohl es nicht regnete.
Was ist in Relation zur Körpergröße das schnellste Tier auf unserem Planeten? Vergesst den Geparden! Ein zum Plankton gehörendes Tierchen namens Copepod. Hätte es die Größe eines Geparden, wäre es fähig, sich mit einem Tempo von 3.200 km/h zu bewegen …
Welche Meeresbewohner gehören zu den Gewinnern des Klimawandels? – Quallen! Wenn sich in der Luft mehr CO2 befindet, wird das Meer saurer. Und Quallen lieben das und vermehren sich gleich noch mehr! Und noch mehr. Und noch mehr.
Die Wissenschaftler:innen des SeaLife Centers betreiben auch Langzeitstudien in vielen Bereichen, zum Beispiel in folgendem: Am 24. März 1989 (ein Karfreitag!) lief der Öltanker Exxon Valdez in der Nähe des Hafens von Valdez auf ein Riff auf. 11 Millionen Gallonen / 41 Millionen Liter Öl flossen ins Meer. Das Öl breitete sich nach Südwesten aus und bedeckte 1.300 Meilen / über 2.000 km Küste mit einer dicken schwarzen Schicht. Schätzungen zufolge wurden Milliarden von Lachs- und Heringeiern vernichtet, und 250.000 Seevögel, 2.800 Seeotter, 300 Seehunde, 250 Seeadler und 22 Orkas verendeten qualvoll. Wie viele andere Lebewesen der Küste (Krabben, Muscheln, Seesterne, …) starben, lässt sich nicht ermessen.
Tausende Freiwillige arbeiteten daran, das Öl von den Küsten zu entfernen. Bis heute ist das nicht vollständig gelungen. Was das alles für die Tier- und Pflanzenwelt der Küste und des Meeres bedeutet, wird im SeaLife Center erforscht. Zum Beispiel hat sich der Bestand an Seevögeln, die sich von Fischen ernähren, bis heute nicht erholt.
Außerdem züchtet die Station Steller-Eiderenten, deren Zahl durch den Klimawandel in ihrem natürlichen Lebensraum im Westen Alaskas bereits um 96 % zurückgegangen ist.
Meeresbewohner, die verletzt oder krank gefunden werden, versorgt man, bis sie wieder ausgewildert werden können.
Ich möchte noch die Wale auflisten, die man in der Gegend beobachten kann. Dass ich sowohl Buckelwale als auch Orkas gesehen habe, ist ein besonderes Glück.
Es gibt die Grauwale (12 – 15 m), die jedes Jahr zwischen Alaska und Baja hin- und herwandern – eine Entfernung von fast 5.000 km. Das ergibt für ein gesamtes Grauwalleben die Strecke zum Mond und wieder zurück. Sie „stehen“ oft senkrecht im Wasser, wobei entweder der Kopf oder die Schwanzflosse herausschaut.
Finnwale (20 – 27 m) sind die zweitgrößten Tiere, die es gibt. Pro Tag fressen sie fast 2.000 kg Fische oder Krill und pinkeln drei Badewannen voll. (Das wollten wir immer schon wissen.)
Orkas (7 – 10 m) fallen durch ihre schwarzen Rückenflossen auf, die beim männlichen Tier 1,5 m hoch werden können. Sie sind gesellig und leben in Gruppen mit verwandten Walen.
Buckelwale (12 – 18 m) kommunizieren durch Gesänge. Ihre Seitenflossen erreichen bis zu einem Drittel der Körperlänge. Ich habe zwei Buckelwale aus dem Wasser springen sehen, das Foto ist vom zweiten.
Dalltümmler (ca. 2 m) sind wie die Orkas schwarz-weiß. Sie leben in Gruppen von zehn bis zwanzig Tieren und erreichen Geschwindigkeiten von 55 km/h.
So viel zu den Walen, die zu unterschiedlichen Jahreszeiten in Alaska auftauchen.
Für die Menschen hier sind die Lachse von viel größerer Bedeutung. Es gibt fünf verschiedene Arten. Im SeaLife Center hängt eine genaue Karte, welche Art wann in welchem Fluss der Resurrection Bay zu finden ist.
Ein letzter Stadtbummel durch Seward …
Seward zu verlassen, fiel mir schwer. Und weil mir von vornherein klar war, dass es mir in Homer nicht anders gehen würde, buchte ich vorsichtshalber die Fähre von Whittier nach Valdez für den 4. August. Die Kenai-Halbinsel ist so etwas Besonderes, da könnte ich es sehr lang aushalten! (Zumindest in der warmen Jahreszeit …)