Samstag, 12. August 2023: Wie kommt das Klondike-Gold in den Rausch?
Info:
Mit nicht ganz 2.000 Menschen ist Haines eine Kleinstadt nördlich von Juneau, der Hauptstadt Alaskas. Zu erreichen ist es aus Kanada über eine Straße, ansonsten per Schiff oder Flugzeug.
Skagway spielte zusammen mit Dyea als Ausgangspunkt der zwei Routen nach Dawson City beim Klondike Gold Rush eine große Rolle. Während von Dyea, wo der Chilkoot Trail losging, nichts mehr übriggeblieben ist, erfreut Skagway sich mit seinem historischen Stadtzentrum großer Beliebtheit. Mit Kreuzfahrtschiffen besuchen manchmal tagsüber bis zu 13.000 Menschen die ehemalige Gold Rush Stadt, die Ausgangspunkt des White Pass Trails war. Heute führt von hier der Klondike Highway ins Yukon Territory zum Alaska Highway.
Meine Meinung:
Beide Orte sind entzückend. Die meisten Leute, die in Alaska waren, geben entweder Valdez oder Skagway als den schönsten Platz an. Genau so ist es.
Tagebuch:
Von Valdez führt als einzige Straße der Richardsen Highway weg, und zwar nach Tok. Parallel dazu verläuft die Trans-Alaska-Pipeline, allerdings unterirdisch.
Spektakulär sind schon die ersten Meilen durch die Chugach Mountains mit dem Keystone Canyon und seinen Wasserfällen, dem Thompson Pass mit über 800 m (man fährt immerhin vom Meeresspiegel weg) und dem Worthington Glacier.
Von weitem sind die höchsten Erhebungen des Wrangell St. Elias National Parks zu sehen, der Mount Blackburn mit 4.966 m und der Mount Wrangell mit 4.317 m, ein aktiver Vulkan. Überhaupt lassen die Formen vieler Berge ihre vulkanische Herkunft nicht verleugnen, zusammen mit dem letzten Schliff, den sie von den Eiszeiten bekommen haben.
In Tok übernachteten wir und starteten am nächsten Tag am Alaska Highway in Richtung Whitehorse (wobei wir vorher nach Süden abbogen). Dieses Stück des Alaska Highways hatten wir bei unserer Hinfahrt ausgelassen, weil wir stattdessen den Top of the World Highway gefahren sind.
Der Alaska Highway zwischen Tok und Haines Junction ist furchtbar. Zwar asphaltiert, aber ähnlich wie das asphaltierte Stück des Top of the World Highways kein Fahrvergnügen. Man muss ständig aufpassen. Selbst Annie Way, die wie ich nicht asphaltierte, steile Bergstraßen mit möglichst vielen Haarnadelkurven, Schlaglöchern und Bodenwellen liebt, brummte leicht säuerlich.
Bei Beaver Creek ist die Grenze zwischen Alaska und dem Yukon Territory. Schön, wieder in Kanada zu sein, wenn auch nur für kurze Zeit. Billig tanken und billig übernachten.
Ich verbrachte die Nacht in Haines Junction und nahm ab dort den Haines Highway nach – Wo wird der wohl hinführen? – Richtig, nach Haines, dem einzigen nach einer Frau benannten Ort im Süden Alaskas. Mrs. Haines spendete für die Missionsschule des Ortes, war aber selbst nie dort. Und Haines Junction ist der Ort, wo man nach Haines abbiegt. Logisch, oder?
Man fährt dabei ein Stück durch den Yukon, dann durch British Columbia, und danach darf man sich schon wieder bei der Grenze anstellen, um nach Alaska zu gelangen. Waffen, Drogen, Zitronen? Nein, nur Bananen. Bananen scheinen okay zu sein. Have a save trip! Enjoy your stay!
Haines mochte ich von Anfang an, auch wenn ein Kreuzfahrtschiff drohte, es zu verschlingen. Es war immerhin nur eines.
Wo der Chilkoot River in den Fjord mündet, ziehen um diese Jahreszeit die Lachse flussaufwärts. Laut Internet die beste Gelegenheit in Alaska, um Bären beim Lachsfangen zu beobachten.
Ich fuhr also sofort hin, weil ich in Valdez zwar Seelöwen, aber keine Bären gesehen hatte. Nichts. Liegt ein Bärenfluch auf mir? Bären gehen hinter mir über die Straße, aber sie verschwinden, sobald ich auftauche, um sie zu beobachten?
Alle anderen Leute wunderten sich, denn sonst sind da immer Bären. Ein Herr aus Texas erzählte mir, von den dort lebenden Bärinnen schon zwanzig persönlich kennen gelernt zu haben, mit ihren Jungen. Zwölf gibt es insgesamt in der Gegend, sagen die Rancher.
Na schön, dann auf nach Haines. Ein sehr originelles Hammermuseum findet sich an der Hauptstraße, das habe ich mir aber nur von außen angesehen. Durchaus sehenswert empfand ich das Sheldon Museum and Cultural Center, wo man über das Leben der Tlingit und über den Gold Rush informiert wird.
Die Chilkat und Chilkoot Tlingit organisierten sich in ihrem Reich von Fjorden und Lachsflüssen, wobei sie eine Besiedlung durch Weiße nicht erlaubten. Im Jahr 1850 stellte Jilkaat Aani, wie diese Allianz hieß, tausend Krieger und unterstützte einen einflussreichen Schamanen, der sich gegen Einwanderung in das traditionelle Land der Tlingit aussprach. Da man sie als gefährlich erachtete, ließen die Weißen sie in Ruhe. Allerdings änderten die Erfahrungen mit russischen Händlern die Einstellung der Tlingit, sodass sie mit Weißen aus verschiedenen Ländern Handel zu betreiben begannen. Doch niemand durfte sich in ihrem Reich niederlassen.
In der Schöpfungsgeschichte der Tlingit stahl Rabe die Sonne, um Licht auf die Erde zu bringen. In manchen Versionen der Geschichte begann das Leben bei der Flussmündung des Chilkat Rivers, in deren Nähe heute der Ort Haines liegt.
Die Tlingit von Jilkaat Aani waren ein reiches Volk, das alles in der Natur fand, was es zu einem Leben in Fülle brauchte, und das gleichzeitig diese Natur respektierte.
1867 kauften die USA Alaska. Ab 1897 wurde die Gegend im Gold Rush überrannt – ohne Rücksicht auf die Menschen, die dort seit Jahrtausenden zu Hause waren.
Ich fuhr übrigens noch einmal zum Chilkoot River, in der Hoffnung, Bären zu sehen. Die scheinen das geahnt zu haben und versteckten sich.
Am nächsten Morgen, bevor ich Annie Way auf die Fähre nach Skagway brachte, versuchte ich es ein drittes Mal. Die Anwesenden erzählten von den vielen Bären, die sie am Vortag beobachtet hatten. Eigenartig, dass jetzt keiner da war.
Wir nahmen die Fähre nach Skagway, es war diesmal noch komplizierter als bei der Fahrt von Whittier nach Valdez, und ich beschloss, Fähren in Zukunft zu meiden. Zumindest in Alaska.
Aber die Fahrt durch den Fjord entschädigte für vieles. Nicht für die nicht vorhandenen Bären, aber zumindest für Annie Ways Eingequetscht-Sein.
Das Erste, was von Skagway zu sehen war, waren die riesigen Kreuzfahrtschiffe. Vier Stück.
Annie Way bekam einen netten Stellplatz auf einem der Campingplätze um sage und schreibe zehn kanadische Dollar pro Tag, das sind 6,9 Euro. Tolle Duschen, eine fantastische Dump Station, und in zehn Minuten war ich zu Fuß im historischen Stadtzentrum, das von tausenden von Leuten überrannt war. Trotzdem war es ein Erlebnis! Und abends verschwanden die wieder auf ihren Schiffen, und die Einheimischen tauchten auf.
Welche ist die am längsten laufende Broadway Show?
Falls ihr euch jetzt denkt: Was soll diese Frage? – Die Hauptstraße von Skagway hieß von Anfang an, als die ersten Leute zum Klondike Gold Rush kamen, Broadway. Seit 1923 wird dort täglich mehrmals eine Show aufgeführt, „The Days of 98“. Seit hundert Jahren! Die habe ich mir angesehen.
Es geht dabei um einen Mann namens Soapy Smith, der zur Gold Rush-Zeit durch viele zwielichtige Machenschaften zu Geld gekommen war und schließlich in einem Schusswechsel starb.
Die Bilder der Männer (aber es waren auch einige Frauen und Kinder dabei), die den Chilkoot Trail nahmen, sind bekannt. 1.500 Stufen in Schnee und Eis führten hinauf zum Chilkoot Pass. Da man verhindern wollte, dass die Menschen in Dawson City verhungerten, weil dort nicht für genügend Nachschub gesorgt werden konnte, mussten sie einen Jahresbedarf an Lebensmitteln und anderen notwendigen Dingen mitschleppen. Das heißt, sie gingen die Strecke etwa dreißigmal. Aber die Golden Stairs waren erst der Anfang auf dem Weg nach Dawson.
Ein bisschen Geologie muss ich unbedingt loswerden. Denn wenn es schon die ganze Zeit um Gold geht, dann schauen wir uns jetzt ganz kurz an, wie dieses Gold überhaupt dort hingekommen ist, wo es Kate Carmack, vielleicht aber auch George Carmack, beim Abwasch im Rabbit Creek gefunden hat. Wenn jemand glauben will, dass George, der seine Frau so widerlich behandelt hat, tatsächlich an jenem schicksalsreichen Tag das Geschirr abgewaschen hat. Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass Kate Carmack auch in Skagway nicht erwähnt wird, sehr wohl aber George.
So, jetzt zur Geologie: Wie kommt das Gold in den Klondike?
Die Erdkruste fließt auf dem Erdmantel. Da die Erdkruste fest ist, ist sie in fünfzehn große Platten zerbrochen, die sich nun einzeln und zum Teil gegeneinander bewegen.
Wie bereits erwähnt, liegt der Süden Alaskas an der Stelle, wo sich die Pazifische Platte im Westen und die Nordamerikanische Platte im Osten treffen. Die Pazifische ist dünner, aber dichter, also schwerer, und schiebt sich unter die dickere Nordamerikanische Platte, die deshalb dort zusammengestaucht wird.
Das führt zu drei geologischen Ereignissen: zur Anhebung, zu Brüchen und zum Eindringen von Magma von unten.
Der Zusammenstoß der Platten bewirkt eine Anhebung, wobei Gebirge entstehen. Die Küstengebirge um Skagway, aber auch die Alaska Range mit dem Denali sind das Ergebnis dieser Vorgänge.
Gleichzeitig kommt es durch den Druck auch zu Brüchen in der Nordamerikanischen Platte, die dann Schwachpunkte darstellen. Die Pazifische Platte drückt nicht nur nach Norden, sondern dreht sich auch gegen den Uhrzeigersinn, sodass sich viele Brüche und Spalten bilden. Die Energie der Bewegung verteilt sich auf die zahlreichen Schwachstellen, wodurch es in der Gegend von Skagway häufig kleine Erdbeben gibt, aber nicht mit einem großen gerechnet werden muss. Für Wasser sind die Brüche die einfachste Möglichkeit, sich einen Weg zu bahnen. Häufig findet man unter Flüssen Brüche und Verwerfungen, zum Beispiel unter dem Skagway River und dem Taiya River.
Brüche auf der Unterseite einer Platte werden normalerweise mit Magma aufgefüllt und vergrößert. Das geschieht auch bei der Nordamerikanischen Platte. Gefangen in der festen Kruste, kühlt das Magma langsam ab zu riesigen Granitkörpern, genannt Plutone. Durch Anhebung und Verwitterung werden daraus Berge, so wie jene nördlich von Skagway.
Das Klondike-Gold entstand auf folgende Art: Flüssiges Magma sucht sich seinen Weg durch Brüche nach oben. Wenn es langsam abkühlt und fest wird, trennen sich superheißes Wasser und andere Substanzen vom Magma. Die superheiße Flüssigkeit steht unter hohem Druck und kann die umgebenden festen Gesteine brechen, wodurch Risse und Spalten entstehen, durch die die Flüssigkeit nach oben schießt. Wenn sie sich abkühlt, setzen sich feste Substanzen ab, darunter Quarz, sodass es zur Bildung von Quarzadern kommt. Alles Gold, das man bisher am Klondike gefunden hat, verfestigte sich in Quarzadern. Durch die Anhebung kamen die Adern nach Jahrmillionen an die Oberfläche, wurden durch die Verwitterung zerbrochen, und Nuggets, Goldflocken und Goldstaub landeten in den Flüssen. Da Gold schwerer ist als Gestein, sammelte es sich unten in den Flussbetten bis zu jenem Tag, an dem Herr oder Frau Carmack es beim Geschirrwaschen fand.
Wenn ihr einmal Gold in einem Fluss entdecken solltet, geht so weit nach oben, bis keines mehr da ist, und genau darunter steckt euren Claim ab. Denn dort ist die Goldader. Man kann auch heute noch Claims in Kanada und den USA abstecken, sofern sie nicht auf Privatbesitz liegen. Und auch am Klondike zahlt es sich durchaus noch aus, Gold zu waschen. In Ontario übrigens auch, wo früher die Lumberjacks für die Papierfabriken arbeiteten. Dort wird kaum mehr Holzwirtschaft betrieben, sondern Gold gesucht. Und gefunden.
Ich habe das ja nicht mehr nötig.
Ich hab diesmal statt Gold Annie Way gewaschen. Die hatte das ganz dringend nötig.
Bevor ich Skagway verließ, besuchte ich Dyea, jene ehemalige Gold Rush Stadt, von wo der Chilkoot Trail losging. Von ihr ist nichts mehr übriggeblieben, von einigen Brettern eines Boots abgesehen, die weit weg vom Meer mitten in einem Wald liegen. Das Land hat sich seit dem Gold Rush um ca. 1,5 m gehoben, was uns an den Ausgangspunkt der ganzen geologischen Quälerei zurückbringt: Die Erdkruste fließt auf dem Erdmantel. Da die Erdkruste fest ist, ist sie in fünfzehn große Platten und so weiter und so weiter.