Dienstag, 29. August 2023: Ich bin auf Urlaub!
Info:
Der Bundesstaat Oregon liegt an der Pazifikküste, südlich von Washington und nördlich von Kalifornien. Auf 255.000 km2 leben 4,2 Millionen Menschen. Hier findet man alles: das Meer, Gebirge, Vulkane, Wüste, Wälder, Großstädte, kleine Dörfer, Wale, Bären und Eichhörnchen. Und nein, es regnet nicht immer in Oregon. „She flies with her own wings“ („Sie fliegt mit ihren eigenen Flügeln“) ist das Motto des „Beaver-States“, und die Oregonians legen Wert darauf, anders zu sein. Zum Beispiel nimmt man keine Schirme, sondern Regenmäntel.
Die Hauptstadt heißt Salem, die größte Stadt ist Portland. In der „Rose City“ wohnen ca. 650.000 Menschen, in der Metropolregion über 2,5 Millionen. Da bleibt für den Rest des Landes nicht mehr viel übrig. Portland erstreckt sich am Zusammenfluss des Columbia Rivers und des Willamette Rivers und hat dadurch einfachen Zugang zum Meer, obwohl es im Landesinneren liegt.
Bevor die Gegend am Ende des Oregon Trails in den 1840er Jahren von weißen Siedler:innen überrannt wurde, war sie eines der am dichtesten besiedelten Gebiete an der Pazifikküste. Lewis und Clark dokumentierten 1805, dass hier die Chinook lebten.
Portland hatte ein wechselvolles Schicksal von der „grauslichsten Stadt der USA“ (keine Kanalisation in den 1880er Jahren) über eine der gefährlichsten Hafenstädte weltweit (nach dem Goldrausch um die Jahrhundertwende) und einer Hochburg des organisierten Verbrechens (in den 1940er Jahren) bis zu dem, was es jetzt ist: eine sehr grüne Stadt, progressiv, offen, tolerant und mit einer hohen Lebensqualität. Nach dem Tod von George Floyd durch Polizeigewalt im Jahr 2020 gab es in Portland fast ein Jahr lang täglich Proteste.
Ach ja, der Mount Hood ist von Portland aus wunderbar zu sehen. Ein Vulkan, wie es früher auch der Mount St. Helens war, symmetrisch und schneebedeckt!
Cannon Beach liegt am Pazifik und ist eine typische Tourist:innenstadt. Das Besondere sind die Felsformationen im Meer, vor allem der Haystack Rock, allesamt Reste einstiger vulkanischer Aktivität. (Ich könnte jetzt vor 17 Millionen Jahren beginnen, als die Gegend unter Wasser stand … aber ich tu es nicht. Und ich sag auch nichts von Basalt-Lava-Strömen und der Hebung des Landes. Mach ich nicht.)
Der Pazifik vor dem Hafenstädtchen Depoe Bay ist die Heimat mehrerer Grauwale, die dort als „residents“ leben und nicht wie ihre Kolleg:innen ständig zwischen Alaska und Baja herumschwimmen, insgesamt 3.000 Meilen (4.800 km). Das ergibt für ein ganzes Wal-Leben die Strecke von der Erde zum Mond und zurück. Aber, wie gesagt, nicht alle tun sich das an.
Meine Meinung:
Ich mag Oregon. Es ist gemütlich, angenehm. Ich hab dort Urlaub gemacht.
Tagebuch:
Falls jetzt jemand glaubt, ich sei sowieso die ganze Zeit auf Urlaub – nein, überhaupt nicht. Ich bin auf Reisen, und das kann mitunter ziemlich anstrengend sein. An „Fahrtagen“ bin ich oft erschöpft. Auch das Leben in Annie Way ist längst nicht so bequem wie zu Hause. Dazu die ständige Umstellung, das Planen und Organisieren, ach, …
Deshalb brauchte ich Urlaub.
Bei der Fahrt zum Campingplatz etwas östlich von Portland genoss ich den Blick auf den Mount Hood.
Portland habe ich sträflich vernachlässigt. Tut mir ohnehin leid. Aber ich war nur einen Tag dort, und ich hatte keine Lust auf einen Bummel durch die Innenstadt, weil der Verkehrsstau Ausmaße annahm, die irgendwie nicht sehr motivierend waren. Also fuhr ich nur hinauf zum Washington Park, um mir den International Rose Garden und den Japanese Garden anzusehen. Unglaublich schön und riiiiesig!
Da es eine Sky Tram gibt, die auf den Hügel zum Spitals- und Universitätsgelände führt, wollte ich mir von dort bequem einen Überblick verschaffen. Sie fährt alle fünf Minuten und wird sowohl von Student:innen als auch vom Krankenhauspersonal und von Krankenbesucher:innen benutzt, die sich dadurch die lange Anfahrt auf den Hügel ersparen. Vor der Talstation der Aerial Tram, wie sie auch genannt wird, befinden sich Fahrradständer, an denen hunderte von Rädern stehen, außerdem fahren die Straßenbahn und Busse von dort weg.
Davon abgesehen: Der Ausblick von dort oben ist wirklich toll! Leider ließ sich der Mount Hood nicht blicken, es war zu dunstig.
Wieder herunten schlenderte ich in der Gegend der Talstation ein wenig herum und kam zu einem Farmers‘ Market mit den unterschiedlichsten Angeboten, auch fertigen Speisen. Ein Fest für die Sinne, das von vielen Menschen besucht wurde.
Und das war’s schon wieder von Portland. Ich habe ein schlechtes Gewissen, aber mir war mehr nach Meer. Und Urlaub.
Also auf nach Cannon Beach. Ich ging stundenlang den Strand auf und ab, wobei es ein sehr langer Strand ist. Zu kalt zum Schwimmen, aber richtig schön! Meeresluft eben. Pelikane, Enten, Möwen, Papageientaucher – Tausende. Sie verwenden die Basaltfelsen, die im Pazifik herumstehen, als Nistplätze.
Sandburgen bauen scheint ein Volkssport zu sein. Und bei Ebbe geht man hinüber zum Haystack Rock.
Es gibt aber auch Bereiche, wo man ganz allein ist. Und siehe da, am Ende der Bucht ist tatsächlich ein Labyrinth!
Cannon Beach selbst ist auf den Tourismus ausgerichtet – wie alle Orte am Strand. Fantastisches Eis! Dass ich mir unbedingt schon wieder einen Sonnenhut kaufen musste, bereute ich anschließend, weil wie immer gleich danach das Wetter umschlug. Aber nur kurz, zum Glück.
Der Highway 101, der an der Küste entlangführt, ist ein Erlebnis für sich. Eigentlich müsste man in jeder Bucht stehenbleiben – atemberaubend!
Ich hatte nach Alaska immer noch nicht genug von Walen, außerdem hatte ich noch nie Grauwale gesehen, also quartierte ich mich in Waldport, nicht weit von Depoe Bay, ein. Beim Einchecken auf dem schönsten KOA, der mir bisher untergekommen war, mit dem freundlichsten Personal, das mir bisher untergekommen war, wurde mir erklärt, wie ich auf dem Nature Trail zum Strand komme, der gleich unterhalb lag, und dass ich unbedingt auf die Brücke gehen sollte, die sich neben dem Campingplatz befand.
Der Strand war nett, aber nicht überwältigend. Die Brücke allerdings … Harbor Seals, Seehunde!
Ich stand ziemlich lange dort oben und beobachtete die Meute, die offensichtlich Mikado spielte: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren! Aber hin und wieder streckte doch eines der Tiere eine Flosse in die Höhe oder robbte durch den Sand.
Die Sache mit der Walbeobachtung war unkompliziert. Kaum waren wir aus dem Hafen von Depoe Bay heraußen, war auch schon der erste Wal da. Der tauchte neben einem kleinen Boot auf, aber der Fischer, der gerade seine Angel ausgeworfen hatte, schien nicht einmal überrascht. Grauwale sind dafür bekannt, dass sie sich gern bei Booten und Schiffen aufhalten, was sie zur idealen Attraktion für Tourist:innen macht.
Wir kamen auch bei einer Boje vorbei, wo sich einige Seelöwen stritten.
Wenn vier Grauwale gleichzeitig rund um das Schiff schwimmen, weiß man nicht mehr, wo man zuerst hinschauen soll. Die Tiere sind zwölf bis fünfzehn Meter lang und wären eigentlich grau, wenn sie nicht von allen möglichen Muscheln bewachsen wären, sodass sie fleckig aussehen. Da sie nur vier bis sechs Minuten tauchen, gibt es viel zu sehen. „There she blows!“ ist der Ausruf, auf Deutsch: „Dort bläst er!“ Warum es auf Englisch „sie“ heißt und auf Deutsch „er“, ist mir zwar nicht klar, aber es ist so. Ein Wal tauchte unter unserem Boot durch. Das war schon ein eigenartiges Gefühl, denn besonders groß war das Gefährt nicht.
Auf der Fahrt zurück nach Waldport machte ich bei verschiedenen Buchten Halt, und überall waren Wale zu sehen. Insgesamt sah ich an diesem Tag zehn Grauwale.
Von Waldport fuhr ich weiter den Highway 101 entlang, genoss die Strände und die Dünenlandschaften – es gibt eine Menge Dünen in Oregon -, und auf einmal stand ich bei einer Absperrung, wurde gefragt, ob ich frische Früchte mithabe („Only bananas.“ – „Bananas are okay.“) und war in Kalifornien.
Aber immer noch auf Urlaub.