Donnerstag, 7. September 2023: Empfang bei den Generälen!
Info:
Der Sequoia National Park liegt im Osten Kaliforniens südlich von Yosemite auf 2.000 m Seehöhe. Dort findet man die von der Masse und vom Volumen her größten Bäume der Erde, allen voran General Sherman.
Meine Meinung:
Einer der Höhepunkte der Reise. Unbeschreiblich.
Tagebuch:
Auf der Fahrt vom Lake Tahoe nach Süden kam ich vorbei an Orangen- und Zitronenplantagen, Olivenhainen und allem an Obst, was man sich nur vorstellen kann. Bei Fresno zweigt der Highway 180 nach Osten ab, dort geht es noch ein Stück durch die Wüste und dann hinauf in die Berge, bis man direkt beim Eingang zum Kings Canyon National Park ansteht. Kings Canyon und Sequoia sind zwar zwei Nationalparks, es gibt aber keine Grenze dazwischen, und man zahlt nur einmal die Gebühr.
Ich hatte einen Stellplatz auf dem Azalea Campground im Kings Canyon gebucht – und fragte mich zuerst einmal, warum ich so weit gefahren war, wenn ich das alles in der Blockheide in Gmünd hätte haben können. Bis ich nach oben schaute. Das Waldviertel kann durchaus mit den Granitfelsen und den Formen, die sie durch die Verwitterung annehmen, mithalten, nicht aber mit den Bäumen. Denn die Sequoias sind nicht die einzigen, die die Freiheitsstatue überragen können, auch die anderen Bäume stehen ihnen kaum nach.
Im Kings Canyon und Sequoia National Park sind neben den Giant Sequoias folgende Baumarten zu Hause: White Fir (Weißfichte), Sugar Pine (Zuckerkiefer), Incence Cedar (Zeder) und die Ponderosa Pine (Ponderosa-Kiefer).
Sequoias sind mit den Redwoods der kalifornischen Küste verwandt und werden als ihre Cousinen und Cousins bezeichnet. Beide gehören zu den Koniferen. Sie haben viele gemeinsame Eigenschaften, die alle mit Superlativen zu tun haben: die durch das Tannin rötlich gefärbte Rinde, die nicht brennt, die große Höhe, wobei diesbezüglich die Redwoods vorne liegen, denn sie sind die höchsten Bäume der Erde. Die Stämme der Redwoods werden etwa drei Meter dick, während ein ausgewachsener Sequoia schon auf elf Meter Durchmesser kommen kann. Beide verschlingen ihre Wurzeln mit denen der Nachbarschaft, um sich gegenseitig zu stützen, und kommen mit sehr wenig Boden aus. Für Sequoias genügt eine Erdschicht von einem Meter über dem Granit, dass ein über 75 m hoher Baum darauf wachsen kann. Dementsprechend in die Breite geht das Wurzelwerk.
Sie schießen sehr schnell in die Höhe und ähneln als Jungbäume den Zypressen. Wenn sie etwa 75 m hoch sind, hören sie zu wachsen auf und werden nur mehr dicker. Ihre Rinde kann bis zu 60 cm stark werden. Sie verlieren die unteren Äste, sodass sie im Fall eines Feuers geschützt sind.
Als ich vom Kings Canyon in den Sequoia National Park fuhr, erschrak ich immer wieder, weil diese Bäume einfach so riesig sind. Ich weiß nicht, wie oft ich dachte: „Das gibt’s ja nicht!“ Aber da standen sie – und das waren noch nicht einmal die größten.
Beim Sequoia-Museum wartet der Sentinel auf Besucher:innen und lässt sich geduldig fotografieren. Es handelt sich um einen Monarch, einen ausgewachsenen und schon sehr dicken Baum. Vor ihm steht ein Schild, auf dem erklärt wird, dass der Sentinel nur „average“, also durchschnittlich ist. Mit seiner Höhe von 78 m hinkt er hinter dem höchsten Sequoia mit 95 m stark hinterher. Außerdem hat er „nur“ einen Basisdurchmesser von 9 m, der dickste Sequoia hat 12 m. Sein Volumen liegt bei 790 m3, während General Sherman es auf 1.487 m3 bringt. Und was sein Gewicht betrifft, da gehört er mit 635 t gegenüber 1.256 t fast zu den Schlanken seiner Gattung. Aber er ist ja noch jung mit seinen 2.200 Jahren. Die ältesten Sequoias sind tausend Jahre älter.
Im Sequoia National Park gibt es eine sehr feuchte Wiese mitten im Wald. Genau dort sind die meisten der Sequoia-Monarchs zu finden. Sie brauchen ein bestimmtes Klima, damit sie gedeihen können, und eine Menge anderer Voraussetzungen. Die Sequoias auf den Fotos haben Durchmesser von mindestens sieben Metern und sind ca. 75 m hoch.
Damit sie so groß werden können, muss die Erde die richtige Feuchtigkeit haben, der Wald muss offen und sonnig sein, das Klima darf nicht zu kalt sein, und der Boden muss Asche enthalten.
Die Wiese liegt in einer Senke, sodass sich das Wasser der Umgebung über dem Granit sammelt. Das wäre den Sequoias viel zu feucht, deshalb wächst keiner auf der Wiese. Aber sie brauchen eine enorme Menge an Wasser und bedienen sich an dem, das die Hügel hinunterfließt.
Wenn ein Feuer ausbricht, schafft es die Bedingungen, dass die Samen austreiben können: unbewachsenen, aschigen Boden. Außerdem tötet das Feuer Pilzgeflechte im Boden ab, die den Baby-Sequoias schaden würden. Aber die Abhängigkeit vom Feuer geht noch weiter: Die Zapfen öffnen sich erst bei einer bestimmten Hitze, dann fallen die Samen aus und treffen auf den frisch für sie vorbereiteten Boden. Würden sie auf Laub oder anderen Pflanzen landen, hätten sie keine Chance auszutreiben.
Wird das Feuer so heiß, dass es die erwachsenen Bäume tötet, findet man später mehrere gleichaltrige Sequoias an dieser Stelle. Sie haben besonders gute Bedingungen, denn es sind keine alten Bäume in der Nähe, mit denen sie sich um Wasser streiten müssen. Bei den Brandwunden der Überlebenden wächst mit der Zeit von der Seite her wieder Rinde darüber.
Im Laufe eines langen Sequoia-Lebens können sich die Bedingungen ändern. Wächst ein Baum an einer Stelle, an der es später zu feucht für ihn wird, stellt er sich breitbeinig hin, das heißt, die Basis wird noch dicker, damit er im feuchten Untergrund nicht umfällt. Wenn allerdings die Wurzeln ertrinken oder er sich zur Seite neigt, sind seine Jahre gezählt.
Die ältesten Sequoias sind 3.300 Jahre alt. Bodenuntersuchungen haben ergeben, dass bis vor 4.000 Jahren das Klima zu trocken war, um die Bäume gedeihen zu lassen. Bis vor 12.000 Jahren war es zu kalt. Die Pflanzen, die damals dort wuchsen, sind inzwischen 1.000 m weiter nach oben gewandert.
1974 hörte der Ranger Bill Tweed einen Sequoia fallen. Zuerst krachte es oftmals, als die Wurzeln brachen, dann fiel der Baum mit einem lauten Donnerschall. Er und seine Kolleg:innen fanden einen zerbrochenen Stamm, aus dem „eine erstaunliche Menge“ Wasser floss. Er griff das innere Holz an. Es war eiskalt.
Ed und Ned sind zwei Sequoias, die so nah aneinander stehen, dass sie mit der Zeit zusammenwuchsen. Ihre Basis wurde in ihrer Nähe mit Steinen dargestellt. Sie misst 10,3 m x 7,6 m. So groß sind bei uns durchschnittliche Wohnungen.
Sequoias kommen nur auf den westlichen Hängen der Sierra Nevada vor, und dort auch nur zwischen 1.500 und 2.300 m Seehöhe. Darüber ist es zu kalt, darunter zu trocken. Man nennt diese Zone den Sequoia Belt (Sequoia-Gürtel). Und selbst dort gibt es nur 75 Stellen, wo die Bedingungen so weit passen, dass sie gut gedeihen können.
Und hier noch einige Vergleiche:
Ein Sequoia ist vom Volumen her der größte Baum der Erde, nämlich General Sherman. General Grant ist der drittgrößte.
Der höchste Baum ist ein Coast Redwood an der kalifornischen Küste, der es mit einem Durchmesser von 3 m auf 112 m Höhe bringt.
Rechnet man Durchmesser und Höhe, so siegt ein Sugar Pine (Kiefernart) in der Central Sierra Nevada.
Der weltweit dickste Baum steht in Oaxaca in Mexiko und hat einen Durchmesser von 14 m, wobei es sich bei dieser Zypresse wahrscheinlich um eine Kombination mehrerer Stämme handelt.
Vom Alter her sind die Pristlecone Pines, ebenfalls eine Kiefernart, nicht zu schlagen. In den kalifornischen White Mountains kann man einen 4.700 Jahre alten Baum betrachten. (Es gibt einen, der über 5.000 Jahre alt ist, dessen Standort wird aber nicht publiziert, um ihn zu schützen, und hier in den USA habe ich nirgendwo Informationen über ihn gefunden.)
Und weil wir gerade bei Rekorden sind: Darf ich vorstellen, General Sherman, der größte Baum der Erde! 11 m Basisdurchmesser, 31 m Basisumfang, 84 m hoch, 1.256 t schwer, 1.487 m3 Volumen, 2.200 Jahre alt.
Dicht gefolgt von General Grant, dem drittgrößten Baum der Erde! 82 m hoch, 12 m Basisdurchmesser, was ihn zum dicksten Sequoia macht mit einem Basisumfang von 33 m – und das schon im zarten Alter von 1.700 Jahren! Sein Volumen beträgt 1.320 m3, und er wiegt 1.325 t. Würde man seinen Stamm mit Basketbällen füllen, bräuchte man 159.000 Stück, bei Tischtennisbällen wären es 37 Millionen – wofür auch immer dieser Vergleich gut sein möge. 1926 wurde General Grant vom damaligen US-Präsidenten Calvin Coolidge zum Christbaum der Nation erklärt – the Nation’s Christmas Tree.
Diese Bäume sind so unglaublich, dass ich selbst nach zwei Tagen im Nationalpark immer noch erschrak, wenn ich einen sah. Sie übertreffen einfach alles, was wir uns vorstellen können. Auch bei uns gibt es hohe und dicke Bäume – aber kein Vergleich zu den Sequoias. Selbst ein erst hundert Jahre alter Sequoia würde bereits auf jeden noch so alten Baum in Österreich „herunterschauen“. Das sind Dimensionen, die so weit außerhalb von dem liegen, was wir kennen und gewöhnt sind – schlichtweg unfassbar.
Der Kings Canyon und Sequoia National Park war wieder einer der Plätze, wo ich aus dem Staunen nicht herauskam und einfach glücklich war, dort sein zu dürfen. Einen besonderen Moment erlebte ich, als ich General Grant vor meiner Abfahrt noch einmal besuchte. Der Parkplatz in seiner Nähe war ziemlich voll, und rund um die Monarchs herrscht meistens der übliche Foto- und Selfie-Trubel. Und trotzdem: Da stand ich plötzlich etwa zehn Minuten lang allein vor dem Riesen. Es war komplett still im Wald, von dem üblichen Eichhörnchen abgesehen, das ein wenig schimpfen musste, und zwei weiteren, die sich gegenseitig jagten.
Was dieser Baum alles schon erlebt haben mag? Ein Lebewesen, das so groß ist, weil es genau die Bedingungen vorfindet, die es braucht. Was wird ihm die Zukunft bringen? Werden er und die anderen Sequoias den Klimawandel überstehen? Der Grant Tree wird wohl auch das einfach auf sich zukommen lassen, wie er es seit Jahrtausenden gemacht hat.
Für mich waren die Minuten der Stille inmitten dieser unglaublichen Bäume ein kostbares Abschiedsgeschenk. Als ich zum Parkplatz zurückging, waren da auf einmal Horden von Leuten, die sich laut unterhielten, während sie in Richtung Grant Tree marschierten.
Ich startete Annie Way, und wir fuhren auf dem Weg nach Süden zur Mojave-Wüste nicht zurück nach Fresno, sondern nach Pinehurst und Visalia, auf der steilsten und kurvenreichsten Straße der gesamten Reise. Leider war sie asphaltiert. Trotzdem ein Erlebnis, das Annie Way zum Schnurren brachte!