Donnerstag, 21. September 2023: Cowboys, ein Glashaus und Rudolph
Info:
„City of Oklahoma City“, wie Oklahoma City offiziell heißt, ist die Hauptstadt des Bundesstaates Oklahoma. In der Stadt leben 680.000 Menschen, im Ballungsraum 1,4 Millionen. Neben einem der größten Viehmärkte der Welt verfügt Okla über Ölfelder – sogar das Capitol befindet sich auf einem aktiven Ölfeld!
Meine Meinung:
Endlich habe ich John Wayne persönlich kennen gelernt! In Bronze steht er im Cowboy Museum herum.
Okla ist eine nette Stadt. Nicht aufregend, aber nett.
Tagebuch:
Auf einer so großen Reise stößt man automatisch auf die unterschiedlichsten Themen. Was mir noch fehlte, waren unter anderem Cowboys. Ich war oft durch Landschaften unterwegs, wo ich mir dachte: „Wenn jetzt Lucky Luke um die Ecke biegt, würde es mich nicht wundern.“ Lucky Luke ließ sich aber nicht blicken.
Dafür gibt es in Okla City, wie Oklahoma City auf sämtlichen Wegweisern abgekürzt wird, ein Western- und Cowboymuseum, wo dieser Kultur nachgegangen wird. Allerdings nicht nur ihr, denn ein sehr großer Bereich ist den einheimischen Stämmen und ihren Traditionen gewidmet. Bei den im Außenbereich nachgebauten Häusern erfährt man viel über die Lebensweise und Geschichte der Indigenous, die im Süden beheimatet waren. Bis sie vertrieben wurden.
Ich möchte nur ein Beispiel herausnehmen von einem Stamm, von dem ich zuvor noch nie gehört hatte.
Die Caddo waren die Ersten, die mit Hernando de Soto 1542 auf seiner Nordamerika-Expedition Kontakt hatten. Etwa 200.000 Caddo bewohnten ein Gebiet von 50.000 Quadratmeilen (130.000 km2) im heutigen Louisiana, Arkansas, Oklahoma und Texas. Seit mindestens 700 Jahren hatten sie Ackerbau betrieben. Die Hauptbestandteile ihrer Ernährung waren Getreide, Bohnen und Kürbisse, sie aßen aber auch verschiedene Tiere, Fische, Beeren und Nüsse. Sie unterhielten ein ausgeprägtes Handelsnetzwerk, das vom Golf von Mexico bis zu den Großen Seen und von den Rocky Mountains bis zur Atlantikküste reichte.
Nachdem die Caddo von den Weißen aus ihrer Heimat vertrieben wurden, schrumpfte ihre Zahl auf 600. Man steckte sie 1859 in ein Reservat in Oklahoma, das 1901 aufgelöst wurde. Derzeit gibt es etwa 5.000 Caddo.
Andere Stämme des Südens sind unter anderem die Hopi, Pawnee, Chickasaw, Hooghan und Kiowa.
Als die Spanier kamen, brachten sie Rinder mit. Die Spanier gingen, die Rinder blieben und vermehrten sich in den an den Golf von Mexiko grenzenden Gebieten. Da sie niemandem gehörten, kümmerte sich auch niemand um sie.
Bis in Europa und Amerika die Industrielle Revolution einen enormen Bedarf an Leder entwickelte, denn die Maschinen wurden durch Lederbänder in Gang gehalten.
Die Nachfrage konnte nicht gedeckt werden. Da erinnerte man sich, dass irgendwo im Süden Millionen herrenloser Rinder fröhlich grasten. Man brauchte sie nur einzufangen und dorthin zu bringen, wo die Eisenbahn schon hinfuhr. Das war am Anfang noch relativ weit im Osten, aber je weiter der Bau voranschritt, desto kürzer wurden die Viehtriebe.
Was heute unter dem Begriff Cowboy Kult ist, arbeitete früher unter den Namen Vaquero, Boockaroo oder Drover. Im Gegensatz zum Rancher, dem das Vieh gehörte, waren sie angeheuerte Arbeiter, die ein hohes Maß an Wissen, Kenntnissen und Fertigkeiten besitzen mussten, um ihre Aufgaben erledigen zu können. Sie fingen die Rinder ein und trieben sie in Herden von etwa 3.000 Tieren nach Norden, was meistens drei Monate in Anspruch nahm. So ein Trail war ein etwa 50 Meilen breiter Streifen, denn wenn eine Herde durch war, konnte die nächste nicht genau denselben Weg nehmen. Die Tiere brauchten frisches Gras. 3.000 Rinder fressen eine Menge!
Viele Orte in Kansas wurden Endpunkte dieser Viehtriebe, wo die Tiere dann in die Züge verladen und nach Kansas City, St. Louis, Chicago oder sonst wohin transportiert wurden. Übrigens war die Eisenbahn auch das Haupttransportmittel der Menschen. Die meisten Einwanderer und Einwanderinnen kamen per Bahn und nicht mit den legendären Planwagen.
Die Rinder wurden in Cattle Cars getrieben, Waggons, die eigens für sie hergerichtet waren. Fünfzehn bis zwanzig Kühe passten hinein. Der Zug fuhr acht Stunden mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 20 mi/h (16 bis 32 km/h), dann wurden die Tiere abgeladen, um fressen und trinken zu können. Nach einer Weile wurden sie wieder verladen, und die Fahrt ging weiter.
Noch etwas: Die Drovers trugen keine Waffen. Der reitende und gleichzeitig schießende Cowboy ist eine Erfindung der Filmindustrie. Sie brauchten ohnehin drei Pferde pro Tag, was dreimal Satteln bedeutete, da war es von Bedeutung, den Tieren so wenig wie möglich Gewicht aufzubürden. Außerdem hätte so ein Revolver beim Reiten gestört, und mit etwas Pech hätte man sich noch selbst ins Bein geschossen. Was jetzt nicht heißt, dass in den Ortschaften dann nicht so manche Streiterei mit dem Colt entschieden wurde.
Bei jedem Viehtrieb fuhr ein Koch mit einem Planwagen mit, dem Chuck Wagon, der von einem Maultier gezogen wurde. Anfangs gab es hauptsächlich getrocknete Lebensmittel, aber mit der Zeit kamen immer mehr gesündere und bessere Sachen dazu. Den Ranchern wurde bald klar, dass sie geschicktere Cowboys bekamen, wenn sie besseres Essen zur Verfügung stellten. Was aber auf jedem Feuer zu finden war, war die Kaffeekanne.
Neben der ohnehin sehr fordernden und anstrengenden Arbeit gab es noch das Rodeo, wo die Cowboys ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen konnten. In den 1920er Jahren etablierten sich dabei auch die Cowgirls, deren athletische Fertigkeiten denen der Männer um nichts nachstanden. In den 1930er Jahren wurden Frauen dann nicht mehr bei Rodeos zugelassen und durften nur mehr als Showgirls im Glitzer-Look dabei sein. Mittlerweile hat sich das wieder geändert.
Es war vor über zwanzig Jahren in Estes Park (dort, wo das Haus aus dem Film Shining steht – ja, das ist echt!) bei einem Rodeo, wo die damalige Miss Rodeo America anwesend war – „natürlich“ nur als optischer Aufputz. Die Cowboys versuchten sich auf ungezähmten Pferden und wilden Bullen.
Zwischendurch ritt immer wieder die lächelnde Miss auf und ab. Und gerade, als ich mir mit mir selbst einig wurde, dass das ziemlich widerlich war, ging ein Pferd durch und raste davon. Innerhalb einer Sekunde wurde aus der lächelnden Miss eine fantastische Reiterin, und noch bevor die Männer mitbekamen, was sich da eigentlich abspielte, hatte sie das Pferd nicht nur eingehholt und eingefangen, sondern auch beruhigt, sodass es sich problemlos zurückführen ließ. Sie übergab das Tier den Cowboys, die endlich angeritten kamen, setzte wieder ihr Lächeln auf und machte ihren Job, für den sie offensichtlich sehr gut bezahlt wurde. Hut ab vor dieser Frau! Ich traf sie übrigens anschließend in einem Hutgeschäft und unterhielt mich kurz mit ihr. Seither besitze ich einen Cowboyhut, der befindet sich aber in einem gewissen Keller in Leonding, wo auch Annie Ways Bedienungsanleitung herumliegt.
Zurück zur Gegenwart. Ich will ja noch von Oklahoma City erzählen. Wie gesagt, eine nette Stadt, wo auf die historischen Gebäude im Stadtzentrum großer Wert gelegt wird. Zum Beispiel auf das Justizgebäude, auf dem Zitate berühmter Männer eingemeißelt sind. Von Samuel Adams stammt ein Satz, der in Amerika wohl aktueller ist denn je: „Wer am besten geeignet ist, das Wohl des Volkes zu verwirklichen, möge dem Volk dienen.“ Das ist jetzt sehr frei übersetzt, denn Samuel Adams hat nicht gegendert, während ich mich weigere, nicht zu gendern, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass in absehbarer Zeit ein „servant of the public“ in den USA weiblich sein könnte.
Mitten im Stadtzentrum befindet sich der Botanische Garten (Myriad Botanical Gardens) mit einem spektakulären und enormen Glashaus, in dem man von den Tropen bis zu den Subtropen alles erleben kann. Was es aber im Gegensatz zum Linzer Botanischen Garten nicht hat, ist das Caféhaus mit den köstlichen Mehlspeisen …
Übrigens ist mir Rudolph begegnet. Ja, das Rentier mit der roten Nase. Im September. Das macht wohl noch Urlaub.
Sehr beeindruckt hat mich die Gedenkstätte des Bombenanschlags vom 19. April 1995, bei dem 168 Menschen ihr Leben verloren und das Alfred P. Murrah-Gebäude einstürzte. Es handelt sich um den schwersten Terrorakt in den USA vor dem 11. September 2001 und nach wie vor um den schwersten innerstaatlichen. Wo sich das Gebäude befand, stehen heute 168 leere Stühle aus Glas und Bronze. Das Memorial wurde nach dem Motto erbaut, dass ein derartiger Akt von Gewalt, der dafür gedacht war, Chaos, Angst und Misstrauen zu verbreiten, das Gegenteil bewirkt hat, nämlich Liebe und Verbundenheit.
“We come here to remember those who were killed, those who survived and those changed forever. May all who leave here know the impact of violence. May this memorial offer comfort, strength, peace, hope and serenity.”