Montag, 11. September 2022: Oslo
Info:
Oslo ist die Hauptstadt und das wirtschaftliche und politische Zentrum des Königreichs Norwegen. Etwas über 700.000 Menschen leben im Stadtgebiet, 1,5 Millionen sind es im Großraum. Das ist fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung Norwegens.
Meine Meinung:
Wow! Bitte, liebe Stadtplanerinnen und Stadtplaner aus Österreich, schaut euch einmal Oslo an, damit ihr erkennt, wie schön eine Stadt sein kann, wenn man Lebensqualität, Kunst, Kultur, Natur und Bildung als Leitmotive für städtebauliche Entscheidungen nimmt – und nicht Autoverkehr und Profit. Oslo ist das Gegenteil der aussterbenden Innenstädte in Österreich. Hier pulsieren das Leben und die Lebensqualität! Einfach wunderschön und zum Wohlfühlen.
Tagebuch:
Auf unserer Fahrt nach Oslo waren wir plötzlich auf einer richtigen Autobahn! So wie bei uns, mit mehreren Fahrspuren, und man durfte 130 km/h fahren. Was Annie Way und ich natürlich nicht taten. Zeitweise war sehr viel Verkehr. Wir näherten uns eindeutig dem norwegischen Ballungsraum. Irgendwie war das gruselig. Ich hatte angefangen, die gemütliche Fahrerei auf leeren Straßen für selbstverständlich zu betrachten. Aber jetzt war ich auf dem Weg zurück in die Zivilisation. Und das bedeutete Autos, davon eine beachtliche Menge an Teslas und anderen Elektroautos.
Navita brachte uns durch mehrere sehr verwirrende Tunnel, die unter Oslo verlaufen, problemlos nach Oslo-Ekeberg, einem Campingplatz, von wo aus man einen traumhaften Ausblick auf die Stadt hat. Ich erkundigte mich, wie ich am besten ins Zentrum hinunterkäme, und siehe da, direkt vor der Einfahrt zum Campingplatz war eine Bushaltestelle. Nicht nur, dass ich ungern mit Annie Way in der Großstadt fahren wollte – Einparken können wir noch immer nicht.
Kaum hatte ich in der Innenstadt den Bus verlassen, erlag ich dem Charme und der Schönheit von Oslo.
Was mir schon in ganz Norwegen aufgefallen war, nämlich die Wichtigkeit von Architektur, von besonderen Gebäuden, und die Liebe zur Kunst, ist hier in hohem Maß realisiert und geballt vorhanden. Moderne Kunst, wohin man schaut, Bauwerke, die das Auge zum Verweilen einladen, raffinierte Formen, denen die Gedanken folgen – ich war vom ersten Moment an begeistert.
An diesem Nachmittag sah ich nicht viel mehr als das Opernhaus, auf dem ich mich lange aufhielt. Ja, AUF dem Opernhaus. Die Dächer sind begehbar, und offensichtlich sind das für die Menschen aus Oslo beliebte Aufenthaltsflächen, ist doch die Aussicht auf den Fjord – das Theater liegt direkt am Ufer – und die Stadt atemberaubend. Eine riesige Glasskulptur im Wasser ist einem Eisberg nachempfunden und setzt das Thema des Opernhauses fort, das mit seinen weißen Marmorflächen an Bewegung und Eismeer erinnert.
Gleich neben dem Opernhaus ist ein weiteres architektonisch Aufsehen erregendes Gebäude, nämlich die Bibliothek. Darin herrschte mindestens genau so viel Betrieb wie in der Einkaufsstraße, die vom Bahnhof wegführt.
Am Bahnhof, der ebenfalls als Sehenswürdigkeit durchgehen könnte, kaufte ich mir Busfahrscheine, die dort etwas billiger waren als im Bus selbst – aber immer noch sehr teuer.
Ich bummelte durch die Straßen und kam aus dem Staunen nicht heraus. Nach zwei Stunden wurde ich aber müde, außerdem war es ohnehin schon spät, also fuhr ich mit dem Bus zurück zum Campingplatz.
Annie Way stand zum zweiten Mal auf unserer Reise so schräg, dass wir die Auffahrrampen brauchten. Diesmal klappte es schon besser. Noch nicht gut, aber besser. Im Vergleich zum ersten Mal in Frösön in Schweden. Die Markise haben wir übrigens tatsächlich noch nicht verwendet.
Im Wald neben dem Campingplatz befinden sich viele Skulpturen international bekannter Künstlerinnen und Künstler, unter anderem von Rodin, Niki de Saint Phalle und vielen anderen. Obwohl es schon dunkel wurde, beschloss ich, noch einen kurzen Erkundungsgang durch den Skulpturenpark Ekeberg zu machen, nur ein paar Minuten, um die Neugier ein wenig zu stillen, und trat durch den Hinterausgang des Campingplatzes. Ich war fasziniert, was dort zwischen den Bäumen in dem weitläufigen Gelände herumstand, -lag und -hing, und vergaß die Zeit. Neben dem Weg begann plötzlich eine Laterne zu flackern. Und dann kamen eigenartige Geräusche. Und wieder das Flackern. Eine menschliche Stimme … es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, dass es sich auch dabei um ein Kunstwerk handelte! In der Dämmerung wirkte es fast ein wenig gespenstisch.
Insofern war mir klar, dass ich auf diesem Hügel noch sehr viel Zeit verbringen würde, aber angesichts der fortschreitenden Dunkelheit kehrte ich um und ging durch den Wald zum Campingplatz zurück.
Für den zweiten Tag hatte ich mir einen Stadtplan organisiert und mir angesehen, wie ich zu den einzelnen Plätzen, die ich sehen wollte, hinkommen würde. Die Holmenkollen-Schanzen hätten mich auch gereizt, die konnte ich sogar vom Campingplatz aus in der Ferne sehen, aber es hätte ziemlich viel Zeit in Anspruch genommen, mit der U-Bahn hinzufahren. Und so spazierte ich brav durch die Innenstadt, wie es sich für eine gute Touristin gehört.
Der Ausgangspunkt war wieder das Opernhaus, und ich MUSSTE unbedingt noch einmal auf die Dachflächen hinauf. Das Munch-Museum mit seiner sensationellen Architektur wäre bei Regen ein Fixpunkt gewesen, aber die Sonne schien. So ging ich nur daran vorbei. Dann hinüber zur Börse, den Kai des Oslofjords entlang, wo die Menschen direkt von der Sauna ins eiskalte Meerwasser hüpften. Faszinierend auch das SALT Langhuset, ein „nomadisches“ Kunstprojekt am Langkaia mit Ausblick auf das Opernhaus, das Kunst, Musik, Gastronomie und Architektur vereint. Hier befindet sich der größte Gastgarten von Oslo. Ich war beeindruckt von der Holzkonstruktion der Gebäude.
Von dort schlenderte ich zurück in Richtung der Domkirche von Oslo, vor der sich ein kleiner Marktplatz befand. Entlang der Karl Johans Gate kam ich ins Einkaufsviertel von Oslo, am Parlament vorbei, durch den Studenterlunden Park zum Nationaltheater, zur Universität und weiter zum königlichen Schloss von Oslo mit seinem wunderbaren Park. Dort verweilte ich an einem der Teiche und ging dann durch den Hinterausgang über die Parkveien nach Süden, vorbei an der Kunstsammlung von Königin Sonja (Dronning Sonja KunstStall). Ein Stück die Henrik Ibsens Gate entlang, dann bog ich rechts Richtung Süden ein, ging durch einige Gassen und stand auf dem Rathausplatz. Das Rathaus ist ein sehr markantes Hochhaus aus den 1950er Jahren, wo jedes Jahr am 10. Dezember der Friedensnobelpreis vergeben wird. Hinter ihm, am Fjord, befindet sich das Nobel-Friedenszentrum. Über bunte Gässchen und breite Einkaufsstraßen gelangte ich zurück zum Bahnhof, wo ich wieder in den Bus nach Ekeberg stieg.
Für den Nachmittag hatte ich mir den Ekebergparken mit seinen Skulpturen vorgenommen. Die Vorfreude war groß, und das Gelände übertraf meine Erwartungen bei weitem. Da es so weitläufig ist, hatte ich nach meiner Wanderung durch die Innenstadt nicht mehr die Energie, es vollständig zu erkunden. Normalerweise renne ich sofort hin, wenn irgendwo Mauern zu sehen sind, die – wie in diesem Fall – 2500 Jahre alt sind, aber diesmal entschied ich mich für die Kunstwerke. Ein wunderschöner, artenreicher Wald, der immer wieder spektakuläre Ausblicke bot – einerseits auf die Stadt, andererseits auf die vielen Skulpturen. Ich will gar nicht anfangen, Namen zu nennen. Oder doch. Selbstverständlich sind Auguste Rodin, Niki de Saint Phalle, Pierre-Auguste Renoir bekannte Namen, aber jede dieser Skulpturen war etwas ganz Besonderes. Meine persönlichen Favoriten und Favoritinnen waren das Konkave Gesicht von Hilde Maehlum, der Sprechende Laternenpfahl von Tony Oursler, der mir am Vortag in der Dämmerung fast ein wenig gespenstisch vorgekommen war, Karo-As von Lynn Chadwick, Chloé von Jaume Plensa und eine Konstruktion mit unzähligen quaderförmigen Vogelhäusern, in denen sich tatsächlich Sonnenblumenkörner befanden, sodass das Kunstwerk ständig von Spatzen, verschiedenen Meisenarten, Finken, Gimpeln etc. bevölkert wurde. Es heißt „Stillleben mit einer Landschaft“ und wurde von Sarah Sze geschaffen. Diese überraschende Kombination aus etwas, das abstrakt wirkt, und der Vogelschar, die sich dort versammelt, gefiel mir nicht nur, sondern stimmte mich auch fröhlich. Und nicht nur mich. Viele Leute verweilten länger als bei den anderen Skulpturen und hatten alle ein Lächeln auf den Lippen.
Als die Dämmerung hereinbrach, ging ich die steilen Wege wieder den Hügel hinauf zum Campingplatz. Und da wusste ich, ich wollte noch nicht weg. Oslo gefiel mir einfach viel zu gut.
Das ist das Schöne am Vanlife. Ich kann tun und lassen, was ich will. Am nächsten Morgen verlängerte ich meinen Aufenthalt am Campingplatz um noch einen Tag. Dann fuhr ich – nun schon als geübte Teilnehmerin am öffentlichen Verkehr in Oslo – wieder in die Innenstadt. Ich wanderte ein wenig herum, genoss die Atmosphäre, und fuhr dann zum Frognerparken, wo sich der Vigelandsparken befindet. Wieder ein Skulpturenpark mit über 200 Stein- und Bronzearbeiten des norwegischen Bildhauers Gustav Vigeland. Einzelne Menschen, Menschen in Gruppen, ineinander verschlungene Leiber – mir war das fast ein wenig zu viel. Beeindruckend auf jeden Fall.
Dann war ich noch auf der Halbinsel Bygdoy mit ihrem Museumsdorf Norsk Folkemuseum und den drei Museen am Fjord – Fram, Norsk Maritim und Kon-Tiki -, die der Schifffahrt gewidmet sind. Allerdings verhinderte auch diesmal das schöne Wetter, dass ich in die Gebäude hineinging – der Ausblick auf Oslo auf der anderen Seite der Bucht war einfach zu schön!
Auf der Rückfahrt stieg ich bei der Festung Akershus aus, einer gewaltigen Burg am Oslofjord, die vermutlich im 13. Jahrhundert angelegt wurde – die Ursprünge sind nicht genau bekannt. Zu Fuß kehrte ich den Fjord entlang zum Opernhaus zurück und fuhr dann wieder nach Ekeberg zum Campingplatz.
Das war die Art, wie ich Oslo erkundete und was ich mir ansah. Dass drei Tage für eine so große und schöne Stadt zu wenig sind, ist klar, aber ich habe einen Eindruck bekommen und ich habe ein bisschen die Osloer Luft geschnuppert und das Lebensgefühl in mich aufgenommen, das diese Stadt vermittelt. Vor allem ist mir bewusst geworden, was gezielte und vorausblickende Stadtplanung erreichen kann.