Samstag, 25.3.2023: Die “Atlantic Sail” ist nicht die Titanic – hoffentlich!
Leute, es wird ernst. Am Dienstag fahren wir los nach Hamburg.
Anfang März hat die Ursula die Annie Way aus ihrem Winterquartier geholt. Sie stand zusammen mit zwei – pfui! – Wohnmobilen in der Maschinenhalle eines Bauernhofs in der Nähe von Eferding. Leona Löwenfeld und ich haben die letzten fünf Monate mit Ursula in ihrer Wohnung verbracht. Das war sehr gemütlich.
Die Ursula hat eine Liste geschrieben, was alles in der Annie Way Platz haben muss. Diese Liste war sage und schreibe elf Seiten lang. Heute habe ich gehört, wie die Ursula zu jemandem am Telefon gesagt hat, dass aus den elf Seiten inzwischen vier Sachen geworden sind, die sie noch besorgen muss.
Für den Transport auf dem Frachtschiff muss Annie Way „blickleer“ sein, was bedeutet, dass alles für die Seereise verzurrt und in den Stauräumen untergebracht werden muss. Das wiederum bedeutet, dass Leona Löwenfeld und ich im Schrank reisen werden. Die Ursula hat zuerst überlegt, ob wir mit ihr am 1. Mai nach Halifax fliegen sollen, aber dann hat sie uns erklärt, dass sie auf dem Flug so viele Dinge mitnehmen muss, dass für uns kein Platz im Koffer sein wird. Der Laptop, die Tablets, die Kameras, das Aufnahmegerät – all das muss ins Flugzeug. Dazu die Tastatur, die externen Festplatten, die USB-Sticks, das Kartenlesegerät, sämtliche Dokumente, die mittlerweile zwei Mappen füllen, und was sie sonst noch so alles braucht.
Wir haben das verstanden, die Leona Löwenfeld und ich. Hauptsache, wir kommen sicher drüben an. Wir reisen ab 3. April auf der Atlantic Sail von Hamburg nach Halifax.
Der Ursula ist das eigentlich gar nicht recht. Ich habe gehört, wie sie mit einer Freundin geredet hat. „Die Annie Way wird genau zu der Zeit, als die Titanic untergegangen ist, genau dort sein, wo sie untergegangen ist.“ Aber weil es ursprünglich geheißen hat, dass die Schiffe derzeit zwei Wochen Verspätung haben, hat sie Annie Way – und damit uns – schon für die Überfahrt Anfang April gebucht. Der Atlantik hat um diese Zeit durchschnittlich 8 m hohe Wellen.
Aber wir fahren nicht allein. Ein Schutzengerl aus Kristall mit lila Flügerl und der Leopold kommen noch mit. Das Schutzengerl reist in einer Lade, der Leopold wird im Oberschrank über dem Esstisch zusammen mit Leona und mir sitzen. In völliger Dunkelheit. Bei durchschnittlich 8 m hohen Wellen. Durchschnittlich!
Den Leopold hat die Ursula von einer Freundin bekommen. Sein Job ist es, dass er auf uns alle gut aufpasst. Als ob wir jemanden zum Aufpassen bräuchten! Wir sind bisher bestens ohne einen Aufpasser ausgekommen!
Das war mein erster Gedanke, als es hieß, dass da noch jemand mitreist. Aber dann habe ich den Leopold gesehen … Leute, der ist wirklich ein ganz ein lieber. Groß, schwer und dick – im Vergleich zu mir groß und im Vergleich zu Leona dick und schwer, aber er ist einfach zum Abbusseln. Und er ist auch nicht schüchtern. Der Leona hat er gleich den Arm um die Schulter gelegt, und mich hat er auf seinen Schoß gesetzt, damit die Ursula ein Foto von uns machen konnte.
Er wird in Zukunft auf meinem Platz sitzen, da wird er mit einem violetten Band am Sicherheitsgurt angebunden, damit er nicht runterfallen kann. Leona bleibt auf ihrem Platz zwischen den Kopfstützen der Sitzbank, also nur ein kleines Stück von Leopold entfernt, und ich werde etwas weiter oben sitzen, da hat Ursula noch ein Metallstück entdeckt, an dem ich mich festhalten kann. Der neue Platz ist sogar besser als der alte, weil ich noch mehr Überblick habe. Schließlich bin ich die Chefin und die Glücksbringerin.
Leute, haltet uns die Daumen, dass wir das alles schaffen und wohlbehalten in Hamburg und dann in Halifax ankommen! Normalerweise ist es die Ursula, der die Düsn geht, aber diesmal merke ich, dass auch ein Faultier durchaus gewisse Ängste entwickeln kann.
Wir gehen nicht unter. Hoffe ich. Ihr hört wieder von mir aus Kanada. Hoffe ich.
Eure Sally
Gute Reise, ihr liebe Racker!
Annie Way, Sally, Leona Löwenfeld und Leopold sind am 6. April mit nur vier Tagen Verspätung von Hamburg abgefahren. Die Atlantic Sail liegt im Moment im Hafen in Antwerpen, dann gibt es noch einen Stopp in Liverpool, bevor es über den großen Teich geht.