Samstag, 13.5.2023: Ein Blick auf ein kleines Stück Großstadt.
Info:
Montreal ist mit 1,8 Millionen Menschen die größte Stadt der Provinz Quebec, wenn auch nicht die Hauptstadt. In der Metropolregion leben über vier Millionen Menschen.
Nähert man sich von der anderen Seite des St. Lawrence Rivers, hat man einen wunderschönen Ausblick auf die vielen Wolkenkratzer der Stadt, deren Glasfronten in der Sonne glänzen, sofern diese gerade scheint.
Aber es gibt auch den älteren Teil der Stadt, und den habe ich mir für meinen ersten Besuch ausgesucht.
Meine Meinung:
Es gibt Orte, wo man sich vom ersten Augenblick wohlfühlt. Quebec und St. John und Reviere-du-Loup waren das für mich. Selbstverständlich ist Montreal schön. Und trotzdem …
Tagebuch:
Unser Campingplatz lag außerhalb der Stadt, und auf meine Frage, wie ich am besten nach Montreal komme, meinte die Dame an der Rezeption, ich solle mit der Metro fahren, und zeichnete mir auf einem Plan gleich die Strecke zum Parkplatz neben der Metro-Endhaltestelle ein. Alles ganz einfach.
Den Parkplatz zu finden, war kein Problem. Das Parkticket zu kaufen schon. Manche Leute gaben auf und fuhren wieder weg. Den Ticketschalter der Metro zu finden war eine detektivische Meisterinnenleistung. Und dann auch noch das richtige Ticket zu kaufen und den richtigen Preis dafür zu bezahlen. Aber es klappte. Ein paar Hinweisschilder mit Bildchen für Leute, die der französischen Sprache nicht mächtig sind, wären irgendwie hilfreich gewesen. Immerhin gibt es von der Uni eine eigene U-Bahn-Linie unter dem St. Lorenz River durch mitten in die Stadt hinein. Dazwischen ist nur eine einzige Haltestelle auf einer Insel.
Zum Glück, denn es wird während der Fahrt weder angezeigt noch durchgesagt, wie die nächste Haltestelle heißt.
Gefühlt war es eine Höhe von ca. 15 Stockwerken, die ich auf Treppen und Rolltreppen überwinden musste, um bei Berri UQAM wieder das Tageslicht zu erblicken. Ich wollte hinunter in Richtung Quai und ging wie immer in die falsche Richtung los. Village, ein buntes Viertel, das von Querstraße zu Querstraße immer trauriger wurde. Zum Schluss lagen die Obdachlosen zwischen dem Müll herum, den der Wind malerisch verteilte, diverse Auslagen zeigten Freizügiges, die Süchtigen bettelten, ein Mann führte seinen Freund an der Leine herum, und ein süßer Geruch schien sich in der Luft festgesetzt zu haben, obwohl der Wind heftig daran arbeitete, ihn zu vertreiben.
Da wurde selbst mir klar, dass ich besser umkehren sollte, denn nicht immer sind meine Umwege ein Glücksfall.
Zurück zur Metro-Station und in die andere Richtung weiter. Da sah es gleich ganz anders aus. Ich war im Kulturviertel gelandet und stand vor modernen Klötzen von Theatern und Museen. Und einer riesigen Mall. Dahinter Wolkenkratzer, an denen gerade gebaut wurde. Von dort fand ich den Weg in Richtung Quai, wo ich an der neugotischen Kathedrale vorbeikam und dann schließlich den St. Lorenz River ein Stück entlangging, zusammen mit unzähligen anderen Spazierenden.
Dazwischen immer wieder unglaublich süße Gässchen, ein chinesisches Viertel, ja, es war vieles da, was eine Stadt sehenswert macht. Und trotzdem.
Ich war froh, als ich den Eingang zu meiner U-Bahn-Station wieder fand und Annie Way auf dem Parkplatz auf mich wartete.
Selbstverständlich hatte ich nur einen kleinen Teil dieser Stadt gesehen, soviel ich zu Fuß erwandern konnte, bevor ich müde wurde. Daraus auf ganz Montreal zu schließen, wäre verwegen. Aber mein Bedürfnis, im Herbst noch einmal hierher zu kommen, hält sich im Moment in Grenzen. Quebec – auf alle Fälle. Reviere-du-Loup – unbedingt. St. John – wenn sich der Umweg irgendwie ausgeht, ja bitte! Aber Montreal … Andererseits, vielleicht hätte die Stadt eine zweite Chance verdient.