Montag, 14. August 2023: Zum letzten Mal Alaska!
Info:
Nach Stewart und Hyder führt eine ca. 60 km lange Straße, die vom Cassier Highway (Nr. 37) nach Westen abzweigt. Beide Orte liegen am Portland Canal, einem Fjord, der über 100 km ins Landesinnere hineinreicht und an dessen Ende sich der Mount Rainey befindet, der mit fast 2.000 m als der höchste Küstenberg der Welt gilt.
Stewart in British Columbia hat derzeit ca. 400 Einwohner:innen, im Nachbarort Hyder, der südlichsten und östlichsten Siedlung von Alaska, leben nur mehr zwischen zwölf und achtzig Menschen – je nachdem, wen man fragt. Zwar gehört Hyder offiziell zur Alaska-Zeitzone, aber darum kümmert sich dort niemand. Verlässt man Hyder in Richtung Stewart, muss man den Grenzposten passieren. Jedes Mal.
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Meine Meinung:
Wunderschön! Ein bisschen skurril, aber das darf es auch sein! Ich fuhr nach Stewart und Hyder, weil ich den Salmon Gletscher sehen wollte und wissen wollte, wie ein gemäßigter Regenwald aussieht. Und weil ich mir nicht vorstellen konnte, Alaska endgültig zu verlassen.
Tagebuch:
Noch sind wir nicht in Stewart, sondern noch in Skagway. Ich möchte nämlich keinen so großen Sprung machen, denn was dazwischen liegt, ist durchaus sehenswert.
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Von Skagway führt der Klondike Highway vom Meer zuerst auf den White Pass auf 873 m Seehöhe. Die Strecke wurde zu Gold Rush-Zeiten als „Dead Horse Trail“ bezeichnet, weil dort so viele Pferde verendeten, die den Strapazen nicht gewachsen waren. Der Pass ist die Grenze zwischen Alaska und British Columbia. Ich wurde also mitten im Nirgendwo gefragt, ob ich Waffen, Drogen oder Zitronen mitführte. Nein, aber fünf Bananen. Bananen sind in Ordnung.
Weiter geht es dann nach Norden in den Yukon, nach Carcross. Als ich die Reise plante, wunderte ich mich, warum ein Ort „Autokreuzung“ heißen soll. Tut er nicht. Carcross ist die Abkürzung von Cariboo Crossing, also jene Stelle, wo die Cariboo den Fluss überqueren.
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Ab Carcross kann man entweder weiter nach Norden Richtung Whitehorse fahren, was ich nicht tat (Seufz!), denn ich bog nach Osten ab und landete wieder auf dem Alaska Highway. Ganz ehrlich: So schön es ist, den Alaska Highway zu fahren, gibt es doch ein langweiliges Stück, nämlich von Watson Lake nach Whitehorse.
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Nun, ich musste nach Watson Lake, um von dort den Cassier Highway Nr. 37 nach Süden zu nehmen. In einem Land mit so wenigen Straßen ist die Auswahl an Routen etwas beschränkt. Ein letztes Mal versuchte ich, das Ortsschild von Leonding im Sign Post Forest von Watson Lake zu finden, wieder ohne Erfolg. Aber ich fand heraus, dass Watson Lake tatsächlich einen See hat. Der heißt Watson Lake.
Der Cassier Highway war von Anfang an unglaublich schön, die Landschaft abwechslungsreich und traumhaft! Kaum Siedlungen. Aber Bären! Jede Menge Bären auf und neben der Straße. Die trösteten mich ein wenig darüber hinweg, dass ich das Yukon Territory hinter mir lassen musste.
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Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, die 650 km von Watson Lake bis nach Stewart durchzufahren, aber da alle Campingplätze belegt waren, kam ich einen Tag früher in Stewart an.
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Und siehe da, zwei Reisende mit Grazer Nummernschild, die ich schon in Fort Nelson auf der Fahrt auf dem Alaska Highway nach Norden getroffen hatte, waren auch dort!
Am Vormittag fuhr ich von British Columbia über die Grenze nach Alaska, wo sich der Ort Hyder befindet, vor allem bekannt durch eine Bar, in der man für den Notfall einen Geldschein an die Wand nageln kann. 90.000 Dollar sind die Wände schon wert!
Ein paar Kilometer nach Hyder ist ein Aussichtspunkt, von wo aus sich Bären beobachten lassen, wenn sie im Fluss Lachse fangen.
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Ich fand es nicht wirklich verwunderlich, dass sich kein einziger Bär blicken ließ, während ich dort war. War ja in Haines auch so gewesen. Zurück über die Grenze nach Kanada, nein, ich hatte noch immer keine Waffen, keine Drogen und keine Zitronen, allerdings Postkarten, aber das war in Ordnung. Und Bananen. Was die Buchstaben vor meinem Namen im Pass bedeuteten, musste ich erklären. Oh, congrats!
Ich entschied mich für eine geführte Tour zum Salmon Gletscher, weil ich erstens genug selbst gefahren war und zweitens die Straße zum Gletscher als sehr schwierig beschrieben wurde. Sie stellte sich als etwas heraus, das Annie Way wieder zufrieden schnurren hätte lassen, aber trotzdem, ich war sehr froh, gemütlich im Bus zu sitzen, Informationen zu erhalten und Annie Way anschließend nicht duschen zu müssen. Außerdem war die Gesellschaft des Paares aus Graz, das die Tour ebenfalls gebucht hatte, eine sehr angenehme.
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Auch der Salmon Gletscher befindet sich auf dem Rückzug. Was ich besonders faszinierend fand, war ein ausgeprägtes U-Tal. U-Täler entstehen durch Gletscher, V-Täler durch Wasser. Man erkennt an der Landschaftsform, ob ein Tal von einem Gletscher oder von Wasser geformt wurde.
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Interessant war beim Salmon Glacier auch, dass sich wieder ein Gletschersee zu bilden beginnt. Das war einige Jahre nicht mehr der Fall. Unten sieht man bei der Mündung des Salmon River in den Fjord die Reste einer Brücke, die weggeschwemmt wurde, als vor vielen Jahren der Eisdamm des Gletschersees brach und die riesigen Wassermassen sich ins Tal ergossen. Das war allerdings eine Ausnahme, normalerweise stieg der Fluss nur für einige Tage einen guten Meter an.
In der Gegend werden Eisenerz, Silber und Gold abgebaut. Die Straße, über die man zum Gletscher fährt, ist von den Firmen angelegt worden, die die Minen betreiben. Dementsprechend schwere Fahrzeuge sind dort unterwegs.
Der Granduc Road führt auf einer Strecke von 37 km auf eine Höhe von 4.000 ft / 1.220 m, wo sich der Aussichtspunkt befindet. Und genau dort waren sie: jede Menge Moskitos! Wer rechnet denn damit?
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Anschließend zurück über die Grenze nach Kanada, wobei der Gletscher selbst sich auch in Kanada befindet. Dort interessiert allerdings niemanden, ob ich Zitronen mitführe.
Eigentlich wollte ich am Abend noch einmal bei den Bären in Hyder vorbeischauen, aber es begann zu regnen.
Dafür versuchte ich es am nächsten Morgen noch einmal.
Was glaubt ihr, waren Bären da?
Richtig! Kein einziger Bär.
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Was ich allerdings an dieser Stelle besonders interessant fand und was auch einer der Gründe war, warum ich nach Stewart gekommen war, war der Regenwald. Der Fish Creek, wo sich der Bärenbeobachtungspunkt befindet, liegt ganz im Südosten von Amerikas größtem National Forest, dem Tongass. Etwa siebzehn Millionen Acres / 70.000 km2 zieht er sich in Alaska über 1.100 Meilen / 1.770 km Küstenlinie und ist damit der größte geschützte gemäßigte Regenwald weltweit.
Ein gemäßigter Regenwald entsteht, wenn die Temperaturen mild sind und reichlich Regen fällt. Im Tongass gibt es Gegenden, wo es jedes Jahr fünf Meter regnet, denn die Wolken vom Pazifik werden vom Küstengebirge blockiert und regnen an der Westseite der Berge ab. Hauptsächlich wachsen hier Sitka Spruce (eine Fichtenart), Western und Mountain Hemlock (Hemlocktannen), und Red und Yellow Cedars (Zedern). Mich haben vor allem die vielen Flechten und Moose fasziniert. Das hat etwas Märchenhaftes an sich!
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Bei meiner abermaligen Einreise nach Kanada kam ich zu einem Grenzbeamten, den ich schon kannte. Er meinte nur: „Oh yes, the Austrian Masters Degree. Congrats again. Any postcards or lemons or limes this time, or just bananas?“ Ich bestätigte: „Just bananas.“ Damit wünschte er mir eine gute Reise. Ich war wieder in Kanada. Mitsamt meinen Bananen.
Und damit hatte ich Alaska endgültig verlassen. Zum letzten Mal. 33 Tage waren es geworden, statt der geplanten drei bis maximal vier Wochen.
Was war das Besondere an Alaska, dass ich mich nicht und nicht losreißen konnte?
Die spektakuläre Landschaft, die Tiere und Pflanzen, die Gletscher, … Das wohl alles zusammen.
Die Blumen! Sie sind in Alaska größer als die gleichen Arten bei uns. Und sie haben die Tendenz, sich dauernd ins Bild zu drängen. Kaum sieht man ein schönes Fotomotiv, schreit eine Blume: „Moment, ich will auch noch drauf!“ Es war tatsächlich so, dass ich einige Male versucht habe, die Blumen aus dem Bild rauszubekommen, aber dann wäre der Blickwinkel nicht mehr so schön gewesen. Deshalb so viele Fotos mit Blumen im Vordergrund. Die waren einfach da.
Der Norden hat es mir angetan. Wobei ich ihn ja nur im Sommer kennen gelernt habe. Ich kann nicht sagen, wie es mir im Winter in der Polarnacht gehen würde. Bei Temperaturen, die ich mir nicht einmal vorstellen kann. Aber dass es im Sommer in der Nacht nicht dunkel wird, daran gewöhnte ich mich schnell. Die Sterne fehlten mir schon ein wenig in der Nacht. Alaska hat den Großen Bären und den Polarstern gelb auf dunkelblauem Grund als Flagge. Die wird man im Winter wohl intensiv beobachten können. Am Vormittag. Und am Nachmittag schon wieder.
Bleibt die Frage: Was war am schönsten in Alaska? – Valdez und Skagway. Ein bisschen mehr Valdez als Skagway. Und der Kenai Fjord National Park bei Seward. Die Wale. Die Seelöwen. Die Seeotter. Die Seeadler. Die Gletscher.
Was war am schönsten im Yukon? – Der Yukon River und Dawson City. Und die Weite. „Larger than Life“ ist das Motto des Territoriums. So habe ich das auch empfunden. Die Menschen sind dort noch ein wenig offener und freundlicher und entspannter als im restlichen Kanada – und das will etwas heißen!
Alberta oder British Columbia? – Irgendwie beides, aber ein bisschen mehr British Columbia.
British Columbia oder Alaska? – Alaska! Keine Frage!
Alaska oder Yukon? – Yukon! Auf jeden Fall der Yukon.