Montag, 1. August 2022: Vänern und Mariestad
Info:
Der Vänern ist mit über 5.500 km2 der größte See Schwedens und der größte See der EU. Im europäischen Vergleich bringt er es auf den dritten Platz. Während der Eiszeit stand er mit dem Meer in Verbindung. Als die Gletscher sich zurückzogen, hob sich das Land. Heute liegt der Vänern 44 m über dem Meeresspiegel und verfügt über 22.000 Inseln, Schären genannt. Da ist viel Platz zum Baden und Angeln!
Am Ostufer des Vänern liegt Mariestad. Ca. 16.000 Menschen leben hier. Seinen besonderen Charme verdankt das Städtchen seiner Lage am See und den bunten Holzhäusern der Altstadt. Sie stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Mariestad war im 16. Jahrhundert vorübergehend Bischofssitz und im 17. Jahrhundert Residenzstadt. Daran erinnern die beiden markantesten Gebäude, die Domkirche mit dem über 80 m hohen Turm und Schloss Marieholm.
Meine Meinung:
Der Vänern ist beeindruckend und Mariestadt auf jeden Fall einen Stadtbummel wert!
Video:
Tagebuch:
Ich habe vergessen, welcher Tag heute ist.
Diese Erkenntnis traf mich überraschend. Erst dann fiel mir auf, dass ich auch gestern und vorgestern keine Ahnung mehr hatte, was mir der Kalender erzählen würde, wenn ich einen hätte.
Mein Handy tat es schließlich kund: Es ist Montag, der 1. August, und somit mein achter Tag auf Reisen. Gleichzeitig ist es der erste Tag, an dem ich am Abend die Energie habe, mich hinzusetzen und meine Gedanken zu notieren. Und das alles, während ich am Ufer des Vänern-Sees in Mittelschweden der Sonne beim Sinken zusehe. Sie lässt sich Zeit, die Sonne, es ist nach acht Uhr abends, und sie hat noch einen weiten Weg vor sich. Sie wird auch nicht an der Stelle untergehen, wo das Wasser des Sees den Horizont bildet – ja, er ist tatsächlich so groß -, sondern hinter den Hügeln am anderen Ufer. Macht nichts.
Aber bleiben wir in Schweden. Wir. Nach einer Woche auf Reisen rede ich von „Wir“, allerdings nicht im Majestätsplural, sondern ich meine Annie Way und mich. Wir bilden eine Einheit, mein Campervan und ich. Sage niemals Wohnmobil – pfui! – zu einem Campervan, das ist ganz was anderes. Darüber wurden ganze Bücher geschrieben. Zugegeben, es waren scherzhafte Bücher, aber immerhin. Vanlife nennt man das, was ich mache, und Annie Way ist der dazugehörige Van für mein Life. Ich habe ja den Verdacht, dass sich hinter diesem Pfui! für Wohnmobile ein bisschen so etwas wie ein Minderwertigkeitskomplex versteckt, denn im Allgemeinen sind – pfui! – Wohnmobile größer als Campervans. Viel größer.
Lichterketten. Fürs Vanlife bräuchte man noch Lichterketten. So weit bin ich noch nicht eingetaucht beziehungsweise gesunken, ich besitze noch keine Lichterkette, aber ich bewundere die Lichterketten an anderen Vans.
Mir fehlt nicht nur die Lichterkette. Mir fehlt auch noch eine Menge anderer Dinge. Vor allem Erfahrung. Aber ich lerne. Ich lerne jeden Tag etwas dazu. In dreißig Jahren kann ich es dann. Wobei … in dreißig Jahren bin ich einundneunzigeinhalb, ich weiß nicht, ob ich dann noch viel von meiner Vanlife-Erfahrung profitieren werde. Mal sehen.
Gerade ist ein riesiger Schwarm von schwarzen großen Vögeln eingeflogen und hat sich kreischend auf den hohen Kiefern niedergelassen, die uns – Annie Way und mich – ein wenig vor dem Wind schützen, der vom See hereinweht. Zwischen den Baumstämmen ist das Wasser zu sehen – ein wunderschöner Anblick. Kanadagänse fliegen gelegentlich im sprichwörtlichen Vogel-V durch den Sonnenuntergang, was den Effekt hat, dass ihre Bäuche von unten beleuchtet werden, wodurch die Vögel fast postkartenkitschig aussehen. Ausgerechnet Kanadagänse – hier in Schweden! Und Möwen. Möwen segeln auch immer wieder durch die Gegend.
Ergänzt wird das Gekreische der ornithologischen Vielfalt durch ein anderes Gekreische. In der Nähe spielt eine typische Campingplatzband einstmals gängige Hits, All Summer Long und so, zum Glück keine Schlager und zum Glück ziemlich weit weg.
Dass ich vergessen habe, was heute für ein Tag ist, empfinde ich als unglaublich positiv. Ich bin in meiner Reise angekommen. Das Überraschende dabei ist nicht, dass es passiert ist, sondern dass es so schnell passiert ist. Immerhin ist alles neu für mich. Aber so ist das Leben: Veränderung.